Kongräss-liches für Herzpatienten: aufgespießt aus den USA

Neue Risikofaktoren für einen Herzinfarkt bei Männern

Dies ist eine Erkenntnis aus Dänemark, erhoben am Kollektiv der Copenhagen Heart Study, immerhin 10.885 Patienten. Die Botschaft lautet: Achten Sie auf Ihr Äußeres und ziehen Sie rechtzeitig alle Register der ästhetischen Gesichtschirurgie, wenn Sie morgens im Spiegel Zeichen des Älterwerden erkennen. Sonst landen Sie mit deutlich erhöhter Wahrscheinlichkeit auf dem Katheter-Tisch eines Kardiologen, Diagnose akuter Herzinfarkt. Die einschlägigen Warnzeichen sind: Ohrläppchenfalten, größer werdende Geheimratsecken, konzentrisch um sich greifender Haarausfall auf dem Haupt, Fettablagerungen in Augennähe. Graues Haar und prominente Falten an den Augenwinkeln sind ebenfalls bedenklich. Jede dieser Veränderungen für sich, und am schlimmsten aber in Kombination, sind unabhängig von Alter, Krankheit, Reichtum oder Sozialstatus, Risikofaktoren dafür, dass der Herzinfarkt bevorsteht (Tybjaerg-Hansen A, Abstract 15333).

Winterzeit ist Herztodzeit

Nun ja, das wussten wir schon: Jeden Winter sterben die Leute beim Schneeschippen wegen der Anstrengung in der Kälte. Doch nein: Die Kälte ist es gar nicht, berichten jetzt amerikanische Autoren: Die Herztodrate steigt im Winter an, und zwar um 26 bis 36%, egal, ob die Leute im sonnigen Kalifornien, Texas oder Florida residieren, oder aber im winterlichen Washington oder Massachusetts. Ihr Tipp: Auch im Winter eisern einen Lebensstil mit Diät und Bewegung pflegen, der das Herz auf Trab hält (Schwartz B, Abstract 11723).

Leinsamen senkt Blutdruck so gut wie eine Blutdruck-Tablette

Bei Hochdruckpatienten mit Durchblutungsstörungen der Beine die sechs Monate täglich 30 Gramm Leinsamen zu sich nahmen, sank der systolische Blutdruck um 8 mmHg. In der Plazebogruppe hingegen war ein leichter Anstieg der Blutdruckwerte zu verzeichnen. Die Ergebnisse zeigen damit mit den stärksten blutdrucksenkenden Effekt, der je durch eine diätetische Intervention vermittelt wurde, erklären die Autoren. Das Ausmaß der Blutdrucksenkung lässt eine Halbierung der Schlaganfallrate sowie eine Senkung des Herzinfarktrisikos um ein Drittel erwarten (Pierce GN, Abstract 12080).

Alter Knoblauch schützt vor Stress

Stress zehrt langfristig an den Nerven und verstopft die Koronargefäße. Dem kann vorgebeugt werden: Männer mit aufreibenden Jobs reduzieren ihr Stress- und Inflammationsniveau und verlangsamen ihre Arteriosklerose-Entwicklung, wenn sie eine kombinierte Zauberpille täglich für ein Jahr einwerfen: Knoblauch, wohl gereift, und Coenzym Q10. Das ganze folgt aus einer randomisierten plazebokontrollierten Doppelblindstudie bei amerikanischen Feuerwehrmännern (Larijani VN, Abstract 9943).

Tomaten lassen arteriosklerotische Plaques schrumpfen

Die Story ist schnell erzählt: Wissenschaftlern der UCLA in Los Angeles ist es gelungen, Tomaten zu züchten, die 6F produzieren: ein kleines Fettmolekül, welches die Wirkung von Apo A-1 kopiert, dem Kernbestandteil der HDL-Cholesterinfraktion (=gutes Cholesterin). Nach Verzehr der gefriergetrockneten, genetisch veränderten Tomaten reagierten die Versuchsteilnehmer prompt: Entzündungszeichen sanken, die Konzentration antioxidativer Enzyme stieg an, ebenso das HDL. Das Fortschreiten der Gefäßverkalkung verlangsamte sich deutlich. Bei den Probanden handelte es sich vorläufig noch um Mäuse (Fogelman AM, Abstract 11083).

Probiotische Cholesterinsenker

Wer Tomaten nicht mag oder Genfood ablehnt, kann es vielleicht auch mit probiotischen Kapseln versuchen. Diese sind die Natur selbst und zeigen sich bei regelmäßigem Verzehr im wissenschaftlichen Versuch in der Lage, nicht nur die LDL-Spiegel um 11,6% zu reduzieren (immerhin!), sondern auch – und das wurde erstmals nachgewiesen – die Konzentration von ungesunden (an gesättigten Fettsäuren reichen) Cholesterinestern um 8,8%. Wichtig ist: Lactobacillus reuteri NCIMB 30242 muss sich im Joghurt tummeln. Die Kapseln werden in den USA sinnigerweise von einer Firma namens Micropharma als „Cardioviva“ angeboten. Lang lebe das Herz (Jones ML, Abstract 11348).

Quelle: Jahrestagung der American Heart Association (AHA) vom 3.-7.11.2012 in Los Angeles

Dr. med. Klaus Edel
Innere Medizin – Kardiologe, Diabetologe, Hypertensiologe DHL, Sportmedizin, Notfallmedizin
Vorsitzender der Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz-/Kreislauferkrankungen e.V.
Hessischer Landessportarzt Prävention- und Rehabilitationssport