Körperliches Training für Herzpatienten: Wie viel wovon oder:

Der Herzpatient im Alltag

Ambulante Herzgruppe, früher Koronarsportgruppe genannt, ist eine optimale Institution, um ein Training unter sporttherapeutischer Anleitung (Übungsleiter) und ärztlicher Überwachung durchzuführen. Durch die ein- bis zweimaligen Termine pro Woche ist eine gewisse Trainingsstruktur vorgegeben. Zudem wird der Austausch mit anderen Patienten ermöglicht und über die sozialen Kontakte die regelmäßige Teilnahme gefördert. Diese Einheiten reichen vom Umfang an körperlicher Aktivität allerdings nicht aus und können nur als Anleitung für eigenständiges Training gesehen werden.

Schwimmen
Schwimmen ist für Patienten mit stabiler KHK grundsätzlich kein Problem, allerdings sind mehrere Aspekte zu berücksichtigen. Schwimmen sollte nur denjenigen empfohlen werden, die bereits vor dem kardialen Ereignis gute Schwimmer waren. Grund hierfür ist die relativ hohe Belastung des Schwimmens für wenig geübte Schwimmer bei gleichzeitig erhöhter Ischämieschwelle. Dies bedeutet, dass Patienten im Wasser erst bei höherer Intensität als an Land Angina pectoris verspüren und somit die Gefahr besteht, dass die Belastung bei gleichzeitiger Ischämie durchgeführt wird und Rhythmusstörungen induziert werden.
Zudem können der Gesichtsreflex, provoziert durch kaltes Wasser, zur Bradykardie und der hydrostatische Druck im Wasser zu erhöhtem Rückstrom zum Herzen und zu vermehrter Myokardbelastung führen. Deshalb ist Schwimmen bei Herzinsuffizienz in den NYHA-Stadien II-III kontraindiziert. Besonders Patienten mit Rhythmusstörungen oder ICD-Träger muss vor dem Schwimmen dringend abgeraten werden, da eine Rettung und Reanimation bei einem Zwischenfall im Wasser äußerst schwierig und selten erfolgreich ist.

Tägliche Kontrolle
Unabhängig davon, ob die Patienten an einem Trainingsprogramm teilnehmen oder nicht, müssen sie sich selber überwachen können. So müssen Herzinsuffizienzpatienten sich täglich wiegen und ihre Unterschenkel auf Ödeme untersuchen, um übermäßigen Wassereinlagerungen durch Anpassung der Medikation umgehend entgegenwirken zu können. Sollte eine Gewichtszunahme von mehr als 2 kg an einem Tag beobachtet werden, ist von einem Training abzuraten. Damit sollte erst nach der Normalisierung des Körpergewichts wieder begonnen werden.

Sauna
Die wissenschaftliche Datenlage zu diesem Thema ist eher dürftig. Es gibt einzelne Daten dahingehend, dass Patienten bei regelmäßigen Saunagängen für 15 Minuten bei 60°C eine Verbesserung der Endothelfunktion im Vergleich zum Normalkollektiv zeigten, was bereits nach zwei Wochen zu beobachten war [7, 9]. Vergleichbare Befunde konnten bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz in den NYHA-Stadien II und III beobachtet werden. Gleichzeitig zeigten diese Patienten neben einer Verbesserung der Endothelfunktion auch eine Absenkung der BNP-Konzentrationen [9]. Aktuelle Daten zeigen, dass eine dreiwöchige Saunatherapie bei KHK-Patienten die myokardiale Perufusion verbessert [12].
Aufgrund dieser Erkenntnisse sind Saunagänge für Patienten mit KHK und Herzinsuffizienz, soweit diese stabil sind, möglich. Allerdings liegen bisher nur Daten für Temperaturen von 60°C mit Saunagängen von maximal 15 Minuten vor.
Auch Saunagänge an mehreren Tagen in der Woche sind möglich, allerdings können höhere Temperaturen oder häufigere Saunagänge an einem Tag nicht empfohlen werden. Insgesamt ist bei diesen Patienten eine Belastbarkeit von 100 Watt zu fordern.

Höhe
Patienten, die sich über 2.500 m Höhe aufhalten oder gar belasten möchten, müssen in der Ergometrie auf Seeniveau ausreichend symptomfrei belastbar sein [3]. Eine Belastbarkeit von 150 Watt ist eine Grundvoraussetzung, da in entsprechenden Höhen die Hypoxie zu einer adrenergen Überstimulation und pulmonalen Vasokonstriktion führt. Stabile Patienten im NYHA-Stadium I-(II) können in diese Höhen reisen, wenn keine BNP-Erhöhung vorliegt. Patienten mit Herzinsuffizienz ab dem NYHA-Stadium III sollten diese Höhen unbedingt meiden.
Ein Aufenthalt jenseits der 3.500 m Höhe ist für Herzpatienten kontraindiziert und bleibt in Ausnahmefällen ausschließlich sehr gut belastbaren Patienten (> 250 Watt) im NYHA-Stadium I und komplett stabiler KHK vorbehalten.

Fazit
Studien gerade der letzten Jahre haben ergeben, dass körperliches Training ein integraler Bestandteil der Sekundärprävention von kardialen Erkrankung ist. Allerdings hat ein Paradigmenwechsel stattgefunden, der derzeit intensiv beforscht wird. So hat sich in aktuellen Studien gezeigt, dass ein körperliches Training mit hoher Intensität – wie es vor einigen Jahren für undenkbar, da kontraindiziert, gehalten wurde – sich hinsichtlich der Nebenwirkungen von einem Training moderater Intensität nicht unterscheidet, aber deutlich größere Effekte auf den Stoffwechsel und die Myokardfunktion hat [14, 15]. Größere Studien der nächsten Jahre werden zeigen, ob diese Effekte auch bei größeren Probandenzahlen nachweisbar sind und vor allem auch mit einer Verbesserung klinischer Ereignisse einhergehen [13].
Eine Empfehlung zu einer höheren Intensität von körperlichem Training in der kardialen Rehabilitation bedeutet allerdings auch, dass die Medikation entsprechend angepasst und das „Know-How“ der behandelnden Ärzte angepasst werden muss.
Grundsätzlich ist zu beachten, dass eine optimale medikamentöse und operative Therapie (PCI, Bypass-OP, ICD, Resynchronisation) eine Grundvoraussetzung für ein körperliches Training ist. Eine individuelle Beurteilung des Patienten vor allem anhand einer maximalen Ergometrie und eine strukturierte Empfehlung für ein Training sind weitere wichtige Maßnahmen, um das Training für Herzpatienten sicher und möglichst effektiv zu gestalten.

Quelle: Halle, M: Cardio News 2012; 15 (06):22