175 JAHRE
1843 - 2018
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tigung des Körpers“ als ausschließlichen Zweck seines
Wirkens erklärt. In den vielen politischen Spannungen
dieser Zeit blieb der Verein im Allgemeinen Deutschen
Turnerbund. Er lehnte den Anschluss an den Demokra-
tischen Turnerbund ab. Für die Stadt Dillenburg, die
im Jahre 1840 insgesamt 2755 Einwohner gezählt hatte
und sich damals mit den Wohnhäusern zwischen kah-
lem Schlossberg und Resten der Stadtmauer bis zur
Dill erstreckte, war auch das Vereinsleben sehr voller
Unruhe; allein 15 Generalversammlungen brachte das
Jahr 1848. Im Verein wurde eine Schützenordnung ein-
geführt und Übungsschießen auf dem vereinseigenen
Schießstand (und zwar Mittwoch- und Sonntagnach-
mittags) aufgenommen. Gleichzeitig dachte man dar-
an, einen Winterturnplatz einzurichten, einen besser
geeigneten Sommerturnplatz zu nden und auch Min-
derbemittelte durch Beitragsbefreiungen für den Ver-
ein zu gewinnen.
So wurde bereits zum damaligen Zeitpunkt Integrati-
onsarbeit betrieben, obwohl die Begrifflichkeit erst viel
später Einzug in unseren Sprachschatz nahm.
Der TVD wird als „juristische Person“ (j.P.) 1893 rechts-
fähig.
Warum kann man so sicher sein, das 175-jährige Jubi-
läum des TV Dillenburg im Jahre 2018 begehen zu kön-
nen? Eigentlich gibt es wenige Quellen, die diese Datie-
rung belegen. So wurde im Jahre 1919 ein 50-jähriger
Geburtstag gefeiert und der 60jährige Geburtstag 1920!
Damals ging man noch von einem anderen Gründungs-
datum aus. Für die damaligen Turnerfreunde war die
Neugründung des Vereins am 16. Mai 1860 das Datum,
auf das man zurückrechnete.
Ein Grund dafür waren die Ausführungen in einem
Schreiben vom 30. November 1893 zur Verleihung der
Korporationsrechte an den Turnverein Dillenburg des
Regierungspräsidenten aus Wiesbaden an den Präsi-
denten des Königlichen Staatsministeriums und Mi-
nister des Innern Herrn Grafen zu Eulenburg und den
Königlichen Staats- und Justiz-Minister Herrn von Schel-
ling. In dem Schreiben heißt es wörtlich: „Der Turn-
verein besteht seit dem Jahre 1860 und zählt zur Zeit
151 Mitglieder. Das Kapitalvermögen beträgt 3600 M.
Außerdem ist ein Inventar im Werthe von zusammen
1342 M 80 Pf. vorhanden. Der Turnverein beabsichtigt,
die bisherige katholische Kirche käuflich zu erwerben
und zu einer Turnhalle umzubauen. Die Vereinsmit-
glieder gehören fast ausschließlich dem besseren Bür-
gerstande an, welche behufs Deckung der Kosten des
Turnhallenbaues noch kürzlich durch freiwillige Beiträ-
ge die Summe von 1500 M aufgebracht haben. Was die
Haltung der Mitglieder in sittlicher und politischer Hin-
sicht anlangt, so ist bisher Nachteiliges hierüber nicht
bekannt geworden!“
Doch der Ehrgeiz der Dillenburger wurde schnell an-
gestachelt, die eigentliche Gründung deutlich vor 1860
terminieren und festlegen zu wollen, denn der Nach-
barverein Herborn beanspruchte doch wirklich, 14 Jah-
re älter zu sein. Die Herborner legten für ihren Turnver-
ein 1846 als Gründungsjahr fest. Eine Feuerwehrspritze
und die schwarz-rot-goldene Vereinsfahne zeugten aber
von einer Dillenburger Turnervereinigung vor 1860. Bis
1842 galt für Preußen die sogenannte „Turnersperre”,
die auch für Nassau Gültigkeit hatte. Die politischen
Unruhen um die Ermordung des Gesandten Kotzebues
waren die Gründe für ein Verbot der Turnvereine und
Turnvereinigungen. 1842 wird das Turnen dann wieder